Das Handy ist mittlerweile ein sehr individualisiertes Gerät und nur wenige Menschen gehen noch ohne ein Handy oder Smartphone aus dem Haus. Diese neue Entwicklung wird zunehmend auch von den Behörden genutzt, wenn es darum geht, Verbrechen aufzuklären. Die entsprechende Technik heißt dabei Funkzellenabfrage. Dabei werden alle Mobilfunk-Teilnehmer erfasst, die sich in einer bestimmten Funkzelle aufhalten. Diese Maßnahme muss allerdings verhältnismäßig sein und von einem Gericht angeordnet werden. trotz dieser Vorgaben gibt es immer wieder Kritik am exzessiven Einsatz solcher Funkzellenabfragen.
So hatte das Amtsgericht in Dresden im Vorfeld einer Anti-Nazi Demonstration eine weitgehende Funkzellen-Überwachung für die Dresdner Innenstadt genehmigt. Dabei wurden mehr als 900.000 Verbindungen erfasst und abgefragt. Bei Netzpolitik.org spricht man unter anderem von folgenden Zahlen:
- Südvorstadt/Plauen Dresden: 800.600 Verkehrsdaten und 229 Bestandsdaten
- Coschützer Straße in Freital: 14.243 Verkehrsdaten und 4.755 Bestandsdaten
- Großenhainer Straße: 81.229 Verkehrsdaten und 35.748 Bestandsdaten
Hier spricht man sogar von mehr als einer Millionen erfasster Datensätze. Es reichte also, an diesem Tag in Dresden zu sein und einen der überwachten Bereiche zu betreten um erfasst zu werden – unabhängig ob man an der Demonstration teilgenommen hat oder nicht. So gerieten beispielsweise auch Abgeordnete des sächsischen Landtags in die Überwachungsliste.
In Jena gab es 2021 eine ähnliche Abfrage, hier wurden Funkzellen in der Innenstadt abgefragt und so an sich die Rufnummern der gesamten Einwohner erfasst.
Im Plenarprotokoll ist dazu festgehalten:
Aufgrund richterlicher Beschlüsse wurde im Rahmen mehrerer Funkzellenabfragen ein
Bestand von ca. 138.000 Datensätzen von Mobilfunkrufnummern erfasst. Aus diesem Datenbestand wurden ca. 100 Bestandsdaten erhoben, zu denen weitere Prüfungen im Rahmen der Ermittlungen vorgenommen wurden. Es wurden mehrere Funkzellen abgefragt, wobei der Radius einzelner Zellen teilweise wenige 100 Meter beträgt. Die Datenerhebung wurde aufgrund des Grundrechtseingriffs auf ein notwendiges Mindestmaß beschränkt. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit
In anderen Bundesländern dürften die Zahlen vergleichbar liegen, oft werden aber Details gar nicht veröffentlicht.
Inhaltsverzeichnis
Was wird bei einer Funkzellenabfrage erfasst?
Erfasst wurden dabei ein ganze Anzahl von Daten. Die Mobilfunkbetreiber übermittelten an den Staatsanwaltschaft:
- Zeitpunkt eines ausgehenden oder eingehenden Anrufes
- Verbindungsdauer
- Rufnummer des Anrufers
- Abstrahlungswinkel in der Funkzelle
- WLAN Nutzung
- SMS Nutzung
- Mailbox Gespräche
- Anwahlversuche
Die Inhalte der Gespräche selbst wurden jedoch nicht erfasst. Ebenso gab es keinen Zugriff auf die Inhalte von SMS oder die Internet-Seiten, die geöffnet wurden.
Zu diesen Verbindungsdaten wurden noch Bestandsdaten erhoben, also Material mit dem sich Nutzer direkt identifizieren lassen. Dazu gehören neben der Rufnummer auch die IMEI Nummer und die IMSI Nummer. Die IMEI Nummer ist dabei der Gerätecode des genutzten Handys. Damit kann ein Gerät eindeutig identifiziert werden. Die IMSI Nummer wieder ist die Kennzeichnung der Simkarte und darüber ist es möglich, auch die Simkarte die genutzt wurde eindeutig zu identifizieren. Die Behörden fragen also nicht nur die Simkarten Vertragsdaten ab sondern greifen mit der IMEI auch direkt auf die Hardwarekennung zu. Eine anonymisierte Simkarte würde bei dieser Abfrage nur teilweise helfen, da über die IMEI auch die Handys von eventuell Verdächtigen geprüft werden können
Das Amtsgericht Dresden findet diese Art der massenhaften Abfrage im Übrigen nach wie vor. In einem Beschluss dazu heißt es:
„Vor diesem Hintergrund war die Maßnahme geboten und unter Berücksichtigung sonstiger verfügbarer Beweismittel auch der mildeste Eingriff in die Rechtsposition unbeteiligter Dritter“
Die Überwachung der Handynetze per Funkzellenabfrage dürfte damit auch in Zukunft weiter eingesetzt werden und es besteht immer die Gefahr selbst mit erfasst zu werden. Falls das passiert sieht das Gesetz im Übrigen vor, dass die Personen nach der Maßnahme informiert werden müssen. Das Amtsgericht Dresden sah auch hier keinen Handlungsbedarf da die meisten erfassten Personen wohl ohnehin kein Interesse an dieser Benachrichtigung gehabt hätten.
HINWEIS: Generell können in Deutschland alle mobilen Netze auf diese Weise abgefragt werden, die Netzbetreiber sind verpflichtet, mit Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten. Es macht also keinen Unterschied, ob D1 Netz, Vodafone Netz oder O2 Netz – die Daten werden dennoch erfasst. Auch 5G Netzbereiche können auf diese Weise abgefragt werden.
Wie genau funktioniert eine Funkzellenabfrage?
Die Funkzelle ist der jeweilige Versorgungsbereich eine Basistation (eines Funkmastes) und dieser Bereich kann je nach genutzter Technik recht groß sein. Es gibt dabei Funkzellen von wenigen 100 Metern bis hin zu mehreren Kilometern. Entsprechend genau oder ungenau ist auch die Standortbestimmung über eine Funkzellenabfrage. Generell kann man auf diese Weise keinen genauen Standort festlegen und beispielsweise nicht bestimmen, welche Adresse eine Person innerhalb einer Funkzelle aufgesucht hat. Dazu wären weitere Daten notwendig.
Dennoch geben die Funkzellen Standortdaten preis, die Nutzungsgewohnheiten von Usern beinhalten und bei größeren Objekten (wie beispielsweise größeren Unternehmen mit viel Fläche) kann man auch durch eine Funkzellenabfrage eine Verbindung zu Unternehmen oder anderen Aktivitäten herstellen.
Einen Schutz gegen diese Form der Abfrage gibt es nicht. Die bekannten Formen, Spam abzuwehren wirken nur auf Nutzerebene und greifen nicht ein, weil die Daten direkt beim Anbieter abgegriffen werden. Dennoch kann es natürlich nicht schaden, sich auch gegen Spam zu schützen.
TIPP: Man kann sich generell gegen Spam-Anrufe schützen und Betrugsversuche so direkt verhindern und natürlich kann man auch Maßnahmen gegen bestimmte Rufnummern ergreifen lassen. Wie das geht ist in diesem Artikel beschrieben: Schutz gegen Spam-Anrufe: Beschwerden, Blockieren und Black List. Wie man konkret Rufnummern blockieren, ist hier zusammengefasst: Rufnummer blockieren bei allen Systemen | Rufnummer blockieren
Video: Details zur Funkzellenabfrage vom CCC
Was für Recht haben Verbraucher bei einer Funkzellenabfrage?
Verbraucher haben verschiedene Rechte, wenn sie mit einer Funkzellenabfrage erfasst worden sind:
Auskunftsrecht:
- Sie haben das Recht, von der zuständigen Behörde Auskunft darüber zu erhalten, ob und welche Daten über Sie gespeichert wurden.
- Dazu gehört auch die Information, wann und von wem die Funkzellenabfrage durchgeführt wurde und zu welchem Zweck.
Recht auf Berichtigung:
- Sie haben das Recht, die Berichtigung unrichtiger oder unvollständiger Daten zu verlangen.
Recht auf Löschung:
- Sie haben das Recht, die Löschung Ihrer Daten zu verlangen, wenn die Speicherung unrechtmäßig ist oder der Zweck der Speicherung nicht mehr besteht.
Widerspruchsrecht:
- Sie können der Verarbeitung Ihrer Daten widersprechen, wenn die Verarbeitung zu Zwecken der Direktwerbung oder aus anderen Gründen erfolgt, die in Ihrer besonderen Situation liegen.
Beschwerderecht:
- Sie haben das Recht, sich bei der zuständigen Datenschutzbehörde zu beschweren, wenn Sie der Meinung sind, dass Ihre Rechte verletzt wurden.
Ich begleite die Entwicklungen im Bereich der Telekommunikation und des Mobilfunks bereits seit 2006 und schreibt regelmäßig zu den Theme Handytarife, Smartphones, Allnet Flat und zu den anderen Bereichen, die mit dem Mobilfunk zusammenhängen. Ziel ist es dabei die Verbraucher möglichst einfach und dennoch umfassend über die Produkte auf dem Markt zu informieren und vor allem die neuen Entwicklungen verständlich zu beschreiben. Bei Problemen oder Fragen – einfach die Kommentare nutzen oder micht direkt anschreiben. Mehr zu mir: Wer schreibt hier?
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